Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Various Artists: Tell! (Review)

Artist:

Various Artists

Various Artists: Tell!
Album:

Tell!

Medium: Download/Do-CD
Stil:

Pop/Soul/Disco/Schlager/Krautrock

Label: MiG-music
Spieldauer: CD1: 46:31/CD2: 45:35
Erschienen: 24.04.2020
Website: [Link]

Als das „Tell!“-Musical am 31.07.1977, einen Tag vor dem Schweizer Nationalfeiertag, uraufgeführt wurde, sorgte dies für einiges Aufsehen und viel negative Resonanz. Vielen Eidgenossen ging das vorwitzig modernisierte Werk zu despektierlich mit dem Schweizer Nationalhelden um. Die Presse zerriss es, das Publikum blieb aus. „Tell!“ wurde zum exorbitanten Flop.

In den deutschen Medien kam das Musical etwas besser weg; so schrieb das Hamburger Abendblatt am 03.08.1977 etwa: „Wilhelm Tell, der in Jeans auftritt, es mit der schönen Stauffacherin treibt und mit den Eidgenossen auf dem Rütli Krach kriegt, ist als herrlicher Ulk angekommen“. Wohingegen der Spiegel in seiner Ausgabe vom 08.08.1977 resümierte:
„Das Rock-Stück nach Schiller von Beat Hirt (Text) und Tommy Fortmann (Musik) schleppt sich trotz flotter Songs, illustrer Besetzung (Bluessänger Alexis Korner als Gessler) und spritziger Ballettszenen durch spärliche Gags zum müden Finale. Pressereaktion: negativ; Kartenverkauf: enttäuschend. 930 000 Schweizer Franken, die 16 Privatleute bislang in die Produktion investiert haben, dürften wohl abzuschreiben sein. Der Apfel ist ab.“

MiG-music, die sich rührig um das deutsche Musikerbe kümmern, haben die Aufnahme ausgegraben und 43 Jahre nach der Erstveröffentlichung in einer feinen 2-Disc-Version auf CD herausgebracht. Die erste Silberscheibe enthält das Originalalbum, auf der zweiten sind klanglich hervorragende Demo-Aufnahmen mit anderer Besetzung (so singt Komponist Fortmann die Titelrolle), die der veröffentlichten Platte kaum nachstehen, eher im Gegenteil.

Musikalisch ist „Tell!“ besser als sein Ruf. Zumindest heutzutage wirkt diese unbedarft-wilde Mixtur aus Pop, Schlager, Münchener-Disco-Sound mit einer Prise Soul und Krautrock so knuffig wie ein weiches Kissen, mit dem die Spanische Inquisition freundliche Omas foltert. Daneben ist bereits die Besetzungsgeschichte ein wahres Schmankerl. Von der Aufführung ist Alexis Korner als Landvogt Gessler übriggeblieben und singt ein höchst akzeptables Deutsch. Den intriganten Gitarristen gibt Udo Lindenberg (auf der Schweizer Bühne gastierte Ron Williams) im typischen Schnodderton. Besonders das „Gitarrenlied“ wirkt, als wäre es für Lindenberg maßgeschneidert.

Den aufmüpfigen Wilhelm Tell interpretiert Jürgen „Kornfeldbett“ Drews (in der Bühnenversion der hierzulande wenig bekannte Toni Vescoli) unauffällig aber genehm. Spannender ist jedoch, wer den Tell NICHT singt. Udo Jürgens war kurz davor, sich die Rolle einzuverleiben, wenn nicht sein ehemaliger Manager Hans Beierlein ein dickes Veto eingelegt hätte. So gehört Jürgens nur zu den Aktionären, die mit „Tell!“ Geld verbrannten. Immerhin verweist das von Su Kramer interpretierte „Helden“, mehr oder weniger offensichtlich, auf Udo Jürgens gleichnamiges, ambitioniertes Werk.

Zur weiteren Besetzung gehören noch Jacqueline Nemorin aka „Jackie Carter“ und die schillernde Romy Haag.

Passend zur schmissigen Flower-Power-Pop-Up-Mucke versuchen die Texte, tiefsinnig zu wirken, feiern dabei aber eine unbeschwerte Naivitäts-Sause. Da könnte so mancher Deutsch-Rapper und Betroffenheitsschinder eine intensive Lehrstunde nehmen.

FAZIT: Dank Mig-music aus der Nische der Vergessenheit ans Licht der Öffentlichkeit: „Tell!“ ist ein charmantes Vergnügen, das mit seiner kuriosen musikalischen Mischung und dem nicht immer freiwillig erzeugten lyrischen Witz launig unterhält. „Tell!“ ist eines jener krumpeligen Kuschelrocktierchen, die man einfach gern haben muss. Dazu gibt es gratis eine spannende Hintergrundgeschichte – für gelungenes Entertainment ist gesorgt.

Jochen König (Info) (Review 3728x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Orchester “Intro (Wilhelm Tell-Melody)”
  • Chor „Sag Uns“
  • Udo Lindenberg „Gitarrenlied“
  • Jürgen Drews & Chor “Amigo”
  • Su Kramer “Helden”
  • Chor “Rock Tell”
  • Jürgen Drews „Tellenlied“
  • Alexis Korner & Chor „Schüsse“
  • Jackie Carter & Chor „Unsere Welt will immer nur Gewinner sehen“
  • Orchester „Tells Flucht“
  • Udo Lindenberg, Jürgen Drews & Chor „Tell, was wär' passiert“
  • Romy Haag & Chor der Männer „Weiberrock“
  • Jürgen Drews, Jackie Carter „Liebeslied“
  • Alexis Korner „Gesslerlied“
  • Jürgen Drews, Udo Lindenberg „Hallo Uri Uno!“
  • Udo Lindenberg, Alexis Corner, Jackie Carter,Romy Haag & Chor “Wilhelm Tell”
  • CD 2 (Alternative Studio Version):
  • Sag Uns
  • Gitarrenlied
  • Amigo
  • Helden
  • Rock Tell
  • Tellenlied
  • Schüsse
  • Unsere Welt will immer nur Gewinner sehen
  • Tells Flucht
  • Tell, was wär' passiert
  • Weiberrock
  • Liebeslied
  • Gesslerlied
  • Hallo Uri Uno!
  • Wilhelm Tel

Besetzung:

Interviews:

  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Vervollständige: Wer anderen eine ___ gräbt, fällt selbst hinein.

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!